Mein lieber Julian,
Glückwunsch zu der Idee einen B4 fahren zu wollen. Von all den diversen mehr oder weniger kultigen Youngtimern gehört er zu den am meisten empfehlenswerten Kandidaten. Er ist solide und langlebig konstruiert und lässt sich auch heute noch wirtschaftlich unterhalten.
1. Gilt ein Audi 80 Typ B4 Limousine als robustes, alltagstaugliches (Kofferraum/Platzangebot) und "preiswertes" Fahrzeug in dem Sinne, dass es auch Sinn macht dieses als Student zu bewirtschaften? Mit welchen jährlichen Kosten muss ich in etwa rechnen? (Teilkasko, Auto auf Euro2 umgebaut, Schwachstellen am Auto und dadurch entstehenden Reparaturen etc. ...)
Ja. Wegen der Kosten für Versicherung und Steuer informiere Dich bitte selbst. Die größten Schwachstellen liegen im Bereich Vorderachse, da könntest Du kostspielige Reparaturen erleben. Sonst eher nicht - hängt aber stark vom Wartungszustand ab! Viele Kleinigkeiten im Verbund können auch ruinöse Kosten verursachen.
2. Welche Motorisierung währe bei einer jährlichen Fahrleistung von ~10.000km und größtenteils Langstrecke wohl am geeignetsten? (Denke im Moment an einen 2.0 E.)
Mit 2.0 und 2.0E liegst Du richtig. Wobei der E die deutlich bessere Motorisierung darstellt, er bietet vernünftige Fahrleistungen. der ohne E gilt als Wanderdüne und verbraucht tendenziell etwas mehr. Ab 1994 gab es noch den recht seltenen 1.6E - der benötigt halt höhere Drehzahlen, ist ansonsten auch brauchbar und wurde in ähnlicher Form noch viele Jahre in den A4-Baureihen verbaut.
Robust und langlebig sind alle. Verschleißteile für diese Fahrzeuge sind zumeist sehr günstig von Drittanbetern zu bekommen.
3. Besondere Unterschiede nach Jahrgängen, also evtl. Modelle, die man aus bestimmten Jahrgängen meiden sollte?
Nein eher nicht. Willst Du Airbags, musst Du Dich auf die Jahrgänge ab 1993 konzentrieren, davor waren die eher selten weil noch völlig optional. Ansonsten ist in der Bauzeit des B4 nicht viel Aufregendes passiert.
4. Max. Kilometerlaufzeit?
Hängt vollkommen vom Wartungszustand ab. Inzwischen gibt es nur noch selten Exemplare mit unter 150tkm, Normalität sind 200tkm und mehr. Grundsätzlich ist halt ein Auto mit vielen Seemeilen ganz allgemein mehr verschlissen als eines mit weniger. Beim B4 kannst du auch mit einen 300tkm-Wagen Glück haben.
5. Existiert die Möglichkeit, beim Kauf bzw. der Testfahrt dass Auto regional irgendwo von einem Profi checken zu lassen? (Denke an ATU, TÜV oder sowas und falls ja, was kostet dass dann in etwa?)
Das gibt es, erkundige Dich einfach dort (GTÜ, Dekra, TÜV, ADAC uswusf.)
6. Welche Sonderausstattungen sollten definitiv vorhanden sein, welche sind sinnvoll und was ist vernachlässigbar?
Ein B4 ist aus heutiger Sicht ziemlich einfach ausgerüstet - was auch Vorteile hat: Was nicht da ist, kann auch nicht kaputt gehen. Airbag war zu Beginn eine eher selten Zusatzoption, später Serie für den Fahrer. Servo haben alle, ZV war anfangs nur beim V6 Serie - meiner Meinung nach ein sinnvolles Extra. Ansonsten wären Nebelscheinwerfer sinnvoll. Alles andere ist Komfort, das musst Du entscheiden was Dir wichtig ist.
7. Lohnt es sich regional deutschlandweit Inserate zu durchsuchen, um dort ein Fahrzeug zu finden, welches optimalerweise aus 1./2. Hand ist und evtl. von einem Rentner verkauft wird, welcher es gut gehegt und gepflegt hat und preislich fair agiert oder sind die auf diversen Onlineportalen zu findenden Angebote i.d.R. schon in Ordnung?
Die Angebote sind so wie die Menschen die sie einstellen... das kann man nicht pauschal beurteilen. Die von Dir gesuchte Rentnerkarre ist bei der B4-Baureihe Geschichte, er ist zu alt. Selbst beim Nachfolger B5 werden die schon rar. Grundsätzlich lohnt eine überregionale Suche, die Angebote sind halt einfach nicht mehr so zahlreich und ein Gutteil sind Verbrauchtfahrzeuge.
8. Auf was von mir nicht angesprochene ist sonst noch alles bei der Suche und beim Kauf zu achten?
Siehst Du Rost, Finger weg. B4 sind verdammt rostresistent und fangen erst in diesen Jahren an Schwachstellen auszubilden. Sichtbarer Rost deutet auf üble Behandlung, heftigen Wintereinsatz oder Unfälle hin.
Ein B4 klappert und knarzt nahezu nicht, er war ein verdammt gut gebauter Wagen der 90er-Jahre. Rappelt es im Probanden an mehreren Stellen, ist er verschlissen oder miserabel gewartet.
Die Vorderachse sollte straff sowie knack- und klapperfrei sein. Die Türen müssen sauber schließen. Der Motor sollte nicht klackern, der Vierzylinder ist ein ruhig brummender Geselle wenn er gesund ist. Leichtes Quietschen der Lenkung ist eher normal. Die Schaltgetriebe sind recht präzise und leichtgängig, wenn es hakt ist was faul. Die Schalthebel bewegen sich bei Lastwechsel deutlich sichtbar, ist der weichen Getriebeaufhängung geschuldet.
Finger weg von getunt, aufgemotzt, tiefergelegt, verbreitert, individualisiert! Das mindert den Wert beträchtlich und geht zumeist auf die technische Substanz!
Ideal ist wenn man ein wenig Gefühl für Autos hat: Fühlt sich der Wagen rundum gut an, sollte er es auch wirklich sein.
9. In welchem preislichen Rahmen ist all das, was in den oben stehenden Fragen beschrieben ist zu finden, sodass es ein solides Fahrzeuge ist, welches zumindest in den nächsten 2-3 Jahren nicht zu einem geldverschlingenden Monstrum mutiert und auch optisch (Lack/Innenraum, möglichst Originalzustand etc.) klar geht?
Na sagen wir mal, im Bereich 1500 - 2500 Euro kann man noch gute Exemplare erwischen. Darunter sind doch in der Regel Mängel in Kauf zu nehmen. Darüber werden einzelne Exemplare gehandelt, mit extrem wenig km aus 1. oder 2. Hand - ob Dir so etwas dann die Summe wert ist musst Du wissen. Es werden durchaus ab und an Fahrzeuge um 5000 Euro angeboten - dafür gibt's inzwischen auch schon B6 aus 2001 und neuer.
Du kannst ja während Deiner Suche Links zu den Fahrzeugen hier posten, die Community wird Dir Feedback geben 
Für erfahrene B4-Fahrer: Dieser Post ist keine vollumfängliche Beratung zum B4, sondern soll einem unbefangenen Einsteiger einen ersten Überblick geben!
Gruß
Christian